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Der japanische Anleihenmarkt, jahrelang ein Inbegriff von Stillstand und künstlicher Ruhe, beginnt langsam zum Leben zu erwachen. Während die Rendite der 40-jährigen Staatsanleihe jahrelang unter 2 Prozent blieb, ist sie nun auf über 3 Prozent gestiegen. Das scheint auf den ersten Blick keine enorme Bewegung zu sein, aber für Japan bedeutet es ein Erdbeben.
What these charts are showing is Japan’s long term debt market slowly waking up from decades of deep sleep. The 40 year bond yield climbing from the high 2s into the mid 3s might not sound dramatic, but for Japan, that’s a tectonic shift. For years, the Bank of Japan controlled… https://t.co/t6oWNa63D6
— EndGame Macro (@onechancefreedm) November 2, 2025
Laut der Marktanalyseplattform EndGame Macro markiert der Anstieg einen Wendepunkt. „Was diese Grafiken zeigen, ist, dass der japanische Anleihenmarkt nach Jahrzehnten tiefen Schlafs langsam erwacht“, schreibt der Autor. „Die Rendite der 40-Jahres-Anleihe steigt von knapp über 2 Prozent auf die Mitte der 3 Prozent, und das ist für Japan eine tektonische Verschiebung.“
Hat das auch Folgen für Bitcoin?
Der Griff der Zentralbank lockert sich
Jahrelang hielt die Bank of Japan (BoJ) die Zinskurve straff unter Kontrolle. Durch den Ankauf enormer Mengen an Staatsanleihen hielt die Zentralbank die langfristigen Zinsen künstlich niedrig. Diese Politik, bekannt als Yield Curve Control, sorgte dafür, dass japanische Anleihen kaum noch Marktsignale gaben.
Aber diese Ära scheint vorbei zu sein. „Der Griff der Zentralbank auf den Markt lockert sich“, so EndGame Macro. „Der Langfristzins bewegt sich wieder selbstständig, und Anleger beginnen erneut, echtes Risiko einzupreisen.“
Inflation, Lohnwachstum und neue Emissionen
Hier kommen mehrere Faktoren zusammen. Die japanische Inflation und Lohnsteigerung sind bescheiden im Vergleich zum Westen, aber nicht länger fiktiv. Die BoJ hat ihre Zinspolitik gelockert, und die Regierung erhöht die Emission von Staatsanleihen, um ihre turmhohen Schulden zu finanzieren.
Gleichzeitig werden traditionelle Käufer von Staatsanleihen, wie Versicherer und Pensionsfonds, vorsichtiger. Sie sind weniger bereit, langfristige Anleihen zu niedrigen Renditen zu halten. Das Ergebnis: mehr Volatilität in einem Markt, der jahrelang durch Politik eingeschläfert wurde.
Eine neue Realität für den Kapitalmarkt
Laut EndGame Macro ist der Kern der Geschichte, dass der japanische Anleihenmarkt nun ein neues Gleichgewicht sucht. „Das lange Ende der Zinskurve spiegelt nun die Welt wider, wie sie ist, nicht die Welt, die Zentralbanken in den letzten zehn Jahren geschaffen haben.“
Das ist bemerkenswert: Den größten Teil der letzten zwanzig Jahre befand sich die gesamte japanische Zinskurve unter 1 Prozent. Nun notiert die 40-Jahres-Anleihe über 3 Prozent, eine Veränderung einer ganzen Generation in den Kapitalkosten für das Land, das als größter Gläubiger der Welt bekannt ist.
Weltweite Folgen
Die Bewegung auf dem japanischen Markt bleibt nicht ohne Folgen für den Rest der Welt. Wenn die ultralange japanische Rendite steigt, erhöht das den Druck auf internationale Märkte. Anleger fordern eine höhere Vergütung für langfristige Anleihen, Carry Trades werden weniger attraktiv, und Kapital, das früher ins Ausland floss, kehrt nun nach Japan zurück.
„Es ist eine stille, aber kraftvolle Verschiebung“, schreibt EndGame Macro. „Selbst die geduldigste Zentralbank der Welt lässt den Markt nun wieder die Schwerkraft spüren.“
Das Ende einer Ära
Japan, das jahrzehntelang als Symbol für ultraniedrige Zinsen und endlose monetäre Unterstützung stand, scheint sich langsam an die Realität einer Welt mit höheren Finanzierungskosten anzupassen.
Die Veränderung vollzieht sich ohne Schocks, aber die Implikationen sind groß. Was als subtiler Anstieg der 40-Jahres-Rendite begann, kann zu einer strukturellen Neuordnung der globalen Kapitallandschaft heranwachsen, eine, in der selbst Japan nicht länger den Gesetzen des Marktes entkommt.
Wenn das tatsächlich der Fall ist, dann könnte das den Bitcoin-Kurs und den amerikanischen Aktienmarkt erheblich unter Druck setzen. Jahrelang war es Gewohnheit, günstig in Japan zu leihen und dieses Kapital anschließend in den amerikanischen Markt zu stecken.
Nun die Langfristzinsen in Japan zu steigen drohen, könnte der sogenannte Yen Carry Trade durchaus an sein Ende gelangen.