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Zentralbanken und Aufsichtsbehörden betrachteten Kryptowährungen lange Zeit mit Argwohn – oft unter dem Vorwand angeblicher Reputationsrisiken. Reputationsschäden beziehen sich auf das Risiko, dass ein Finanzinstitut negative öffentliche oder politische Aufmerksamkeit erfährt, weil es mit umstrittenen Branchen zusammenarbeitet.
Die US-amerikanische Notenbank Federal Reserve (FED) hat nun eine bemerkenswerte Richtungsänderung vorgenommen. Das Kriterium „Reputationsschaden“ wird bei der Bewertung von Bankaktivitäten gestrichen – auch im Zusammenhang mit der Erbringung von Kryptodienstleistungen.
Diese Anpassung der FED markiert einen potenziellen Wendepunkt in der Haltung von Unternehmen und Banken gegenüber Kryptowährungen. Sie öffnet die Tür für eine breitere Beteiligung des Bankensektors an digitalen Vermögenswerten.
Operation ChokePoint 2.0
Durch die neue Regelung erhalten Banken mehr Spielraum für die Zusammenarbeit mit Kryptounternehmen, ohne dass deren Ruf automatisch als Risikofaktor gilt. Diese Änderung entspricht dem allgemeinen Trend, gesetzliche Rahmenbedingungen schrittweise an die digitale Wirtschaft anzupassen.
Operation ChokePoint 2.0 war eine Kampagne, die es Unternehmen erheblich erschwerte, am Finanzsystem teilzunehmen. Schon der bloße Verdacht genügte, um von Banken ausgeschlossen zu werden.
Dadurch verloren Unternehmen den Zugang zu Bankkonten und Zahlungsverkehr. Mehr als dreißig Technologie- und Kryptofirmen wurde der Zugang zum Bankwesen verweigert.
Im Jahr 2023 brachen mehrere kryptofreundliche Banken zusammen, darunter Silvergate und Signature Bank. Coinbase-CEO Brian Armstrong schrieb am 27. November 2024 auf X, dass diese „Entbankung“ ein gezielter Versuch von US-Senatorin Elizabeth Warren und dem ehemaligen SEC-Vorsitzenden Gary Gensler gewesen sei, den Kryptosektor lahmzulegen.
Auch Senatorin Cynthia Lummis, bekannt durch den Bitcoin Act, äußerte sich dazu.
In February, I exposed the Fed’s aggressive reputation risk policies that assassinated American bitcoin & digital asset businesses.
Today, the Fed announced it will scrap reputation risk as a factor in its bank supervision. This is a win, but there is still more work to be done. https://t.co/AOZSr0IFcp pic.twitter.com/1FtsIcNJsI— Senator Cynthia Lummis (@SenLummis) June 23, 2025
Beispiele für Reputationsschäden
Banken mussten Operation ChokePoint 2.0 im Auftrag des Staates durchführen. Beim Thema Reputationsschäden ging es um unterschiedliche Sachverhalte. So wurden etwa Prostitutionsbetrieben Bankkonten verweigert. Auch Unternehmen mit angeblich zweifelhaftem Ruf – zum Beispiel aufgrund vermuteter illegaler Aktivitäten – wurden ohne weiteres aus dem Finanzsystem ausgeschlossen.
Ohne ein Bankkonto war es nicht mehr möglich, legal Geschäfte zu tätigen. Zahlungen mussten bar oder über undurchsichtige Wege abgewickelt werden. Das führte dazu, dass viele Firmen vom Markt verschwanden oder in die Illegalität gedrängt wurden.
Im Verlauf wurde Operation ChokePoint 2.0 zu einem Werkzeug, um nahezu alle Kryptounternehmen aus dem Finanzsystem auszuschließen. In Zusammenarbeit mit Banken, denen kaum Handlungsspielraum blieb, konnte der Staat jedem unliebsamen Unternehmen effektiv den Zugang zum Finanzwesen verweigern.
Wende bei der Federal Reserve Bank
Banken werden künftig nicht mehr danach beurteilt, ob sie Kunden mit potenziellem Reputationsrisiko betreuen. Nach Ansicht der Federal Reserve Bank (FRB) sollen sich Banken wieder auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren: die Bewertung finanzieller Risiken.
Eine wiederkehrende Kritik aus der Branche war, dass Banken gezwungen waren, moralische Bewertungen vorzunehmen – obwohl die meisten dieser Unternehmen legale Geschäftsmodelle ohne offensichtliches finanzielles Risiko verfolgten. Durch die neue Richtlinie spielen moralische Urteile in der Bankenpraxis keine Rolle mehr.
Risikomanagement
Die FRB erklärte am Montag, dem 23. Juni 2025, dass Banken nach wie vor ein Risikomanagement betreiben müssen. Wenn sie mit Unternehmen zusammenarbeiten, müssen sie weiterhin überlegen, ob daraus mögliche Reputationsrisiken entstehen. Allerdings dürfen US-Banken ab sofort selbst Kryptowährungen für ihre Kunden handeln – ohne vorherige Genehmigung durch Aufsichtsbehörden.
Politiker und Beamte bestimmen nun nicht mehr, was erlaubt ist. Die Verantwortung zur Risikoabwägung liegt nun allein bei den Banken. Dennoch gibt es auch kritische Stimmen. Weniger Regulierung könnte die Stabilität des Bankensystems gefährden.
Seit dem Amtsantritt von Präsident Trump wurde die Kryptogesetzgebung in den USA gelockert. Dadurch eröffnen sich neue Chancen für die Branche. In den kommenden Monaten sind weitere weitreichende Veränderungen zu erwarten.