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Die beliebte Chat-App Telegram hat Tausende Kanäle geschlossen, die mit den groß angelegten chinesischen Kryptomarktplätzen Xinbi Guarantee und Huione Guarantee in Verbindung stehen.
Nach Angaben des Blockchain-Analyseunternehmens Elliptic haben diese über Telegram betriebenen Plattformen zusammen mehr als 35 Milliarden US-Dollar an illegalen Transaktionen abgewickelt – überwiegend über die Stablecoin USDT. Dies könnte laut Experten der größte Schwarzmarkt im Internet aller Zeiten gewesen sein.
Marktplätze für Betrug und Geldwäsche
Elliptic veröffentlichte am 13. Mai 2025, dass Xinbi Guarantee seit 2022 mindestens 8,4 Milliarden US-Dollar in USDT verarbeitet hat. Huione Guarantee, das angeblich enge Verbindungen zur kambodschanischen Machtelite pflegt, kommt sogar auf über 27 Milliarden US-Dollar – umgerechnet etwa 23,7 Milliarden Euro.
Beide Netzwerke funktionieren als digitale Marktplätze innerhalb von Telegram, wo Verkäufer illegale Produkte und Dienstleistungen wie Geldwäsche, gefälschte Ausweisdokumente und gestohlene personenbezogene Daten anbieten. Die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und Gruppenfunktionen der App ermöglichen es den Anbietern, weitgehend unbemerkt zu operieren.
Menschenhandel und Scam-Zentren
Die Plattformen sind ebenfalls mit sogenannten „Scam Compounds“ in Ländern wie Kambodscha, Laos und Myanmar verbunden. Dabei handelt es sich um Lager, in denen Menschen unter Vorspiegelung falscher IT-Jobs angeworben, dann jedoch gefangen gehalten, misshandelt und zur Durchführung krimineller Aktivitäten gezwungen werden – etwa bei sogenannten „Pig Butchering“-Scams.
Dabei werden Opfer durch falsche Investitions- oder Liebesversprechen dazu verleitet, große Summen in Kryptowährungen zu investieren. Elliptic berichtet, dass allein auf Xinbi über 233.000 Nutzer in neun Kategorien illegaler Dienste aktiv sind.
US-Bezug bei kriminellem Netzwerk
Obwohl sich Xinbi als seriöses Investitionsunternehmen darstellt, zeigen die Daten von Elliptic, dass es für umfangreiche kriminelle Aktivitäten genutzt wurde. Auffällig: Das Unternehmen ist offiziell im US-Bundesstaat Colorado registriert – sein Status wurde jedoch kürzlich auf „delinquent“ (versäumt) gesetzt, wegen unterlassener Verwaltungsaufgaben.
Laut Tom Robinson, Mitgründer von Elliptic, hilft die amerikanische Registrierung dabei, Vertrauen bei potenziellen Nutzern zu erwecken:
„Alles, was Glaubwürdigkeit ausstrahlt, zieht mehr Nutzer an.“
Telegram in der Kritik
Telegram entfernte die betroffenen Kanäle kurz nach Veröffentlichung des Elliptic-Berichts und einem anschließenden Presseanfrage – hat bislang jedoch keine offizielle Stellungnahme abgegeben. Trotz der Abschaltung von Huione und der Maßnahmen gegen Xinbi warnen Experten, dass alternative Netzwerke wie Tudou Guarantee im Entstehen begriffen sind.
Es sei nicht ausreichend, nur Kanäle zu löschen – Telegram müsse zusätzliche Schritte unternehmen, etwa die Funktion „Personen in der Nähe“ besser überwachen oder moderative Mechanismen ausbauen. Die Vereinten Nationen und andere Organisationen kritisieren die Plattform bereits seit Jahren als Zentrum organisierter Kriminalität in Südostasien.
Ein UN-Bericht aus dem Jahr 2024 schätzt, dass jährlich über 36 Milliarden US-Dollar an kriminellen Transaktionen über Telegram stattfinden.
US-Behörden greifen ein
Auch die US-Behörden sind inzwischen aktiv geworden: Am 1. Mai stufte das US-Finanzministerium die Huione Group offiziell als „Primary Money Laundering Concern“ ein. Der Gruppe wird vorgeworfen, über 98 Milliarden US-Dollar in Kryptowährungen durch Betrug erhalten zu haben – ein Teil davon soll mit der berüchtigten Lazarus Group aus Nordkorea in Verbindung stehen.